Harte Landung: Über die aktuelle Chemie-Konjunktur im Jahr 2023

Eine Einschätzung für die chemisch-pharmazeutische Industrie in Hessen

Die Preisrallye geht zu Ende

Es ist ein trübes Bild für die hessische Chemie- und Pharmaindustrie: bis einschließlich April 2023 ist die Produktion um knapp 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken, während sich die Umsätze um gut 4 Prozent reduziert haben. Grund ist vor allem das Ende der im Jahr 2021 begonnenen Preisrallye für chemisch-pharmazeutische Produkte, mit dem nun wieder realwirtschaftliche Probleme deutlich hervorbrechen. Ein deutlicher Beleg hierfür ist auch ein deutlich geringerer Auftragseingang in der Branche, der nur wenig Anlass zu Hoffnung auf eine mittelfristige Trendwende gibt.

Mit diesen Rahmenbedingungen ist die Branche nun in dem konjunkturell schwierigen Fahrwasser angelangt, welches sich bereits zu Jahresbeginn angedeutet hatte. So hat der starke Preisanstieg in der Chemie- und Pharmaindustrie eine ohnehin seit längerem wenig dynamische Nachfrage zuletzt weiter geschwächt, vor allem im Bereich der klassischen Chemie. Die derzeitige Abkühlung der Preiszuwächse wirkt sich an dieser Stelle lediglich nicht weiter verschärfend aus; die bereits verursachte Dämpfung der Nachfrage wird jedoch nicht rückgängig gemacht.

Wirtschaftliche Impulse fehlen

Die für eine Nachfragesteigerung notwendigen externen wirtschaftlichen Impulse dürften allerdings bis auf Weiteres ausbleiben. Weltweit hat die deutlich restriktiver ausgestaltete Geldpolitik zu einem spürbar höheren Zinsniveau geführt. Die Folge hiervon sind eine niedrige Neigung zu Ausgaben und Kreditaufnahme seitens der öffentlichen Hand, und eine geringere Investitionsneigung der Unternehmen. Das stark gestiegene allgemeine Preisniveau verteuert überdies die Exporte; zusätzlich schränkt die erhöhte Kostenbelastung die Unternehmenskunden in ihrer Ausgabenbereitschaft ein.

Eine überaus schwierige Lage, insbesondere für die exportorientierte chemisch-pharmazeutische Industrie, deren Kunden gerade aus dem institutionell-industriellen Sektor stammen. Das schwache erste Halbjahr wird somit aller Voraussicht nach nicht durch eine Erholung im zweiten Halbjahr abgelöst werden – zu groß sind dafür leider aktuell die negativen Triebkräfte im wirtschaftlichen Umfeld, sowohl auf dem heimischen Markt als auch im internationalen Umfeld.


Weitere Informationen


Regelmäßige Informationen zur wirtschaftlichen Situation enthält das verbandseigene „HessenChemie-Wirtschaftsstenogramm“, das monatlich zur konjunkturellen Entwicklung der Chemie- und Pharmaindustrie berichtet. Es ist im Bereich Beschäftigung und Arbeitsmarkt der Publikationen von HessenChemie jederzeit abrufbar – auch in englischer Sprache.

Ruben Höpfer

Ruben Höpfer ist Diplom-Volkswirt und seit 2011 bei HessenChemie als Referent Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftsstatistik tätig. Zuvor war er Referent eines Industrie- und Arbeitgeberverbandes. Seine Kernkompetenzen liegen im Bereich der Analyse und Bearbeitung wirtschaftlicher, wirtschaftsstatistischer und arbeitsmarktpolitischer Fragen, insbesondere in Bezug auf tarifpolitische Auswirkungen für Unternehmen.

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