Willkommenskultur beginnt in der Verwaltung

Langwierige Verfahren in den Visastellen und Ausländerbehörden, Hürden der formalen Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, bürokratischer Aufwand durch Formulare und Vorgaben, kein geeigneter Wohnraum bis hin zu mangelnden Kinderbetreuungsplätzen und nur wenigen internationalen Schulen: Diese Beispiele sind keine Einzelfälle, sondern bilden die Regel im alltäglichen Bürokratiedschungel in Sachen Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften nach Deutschland. Standortattraktivität sieht anders aus – insbesondere mit Blick auf den internationalen Wettbewerb, in dem sich die Bundesrepublik und auch Hessen längst befinden.

Deutschland muss sich daher anstrengen. Das Ausscheiden der Babyboomer- Generation aus dem Arbeitsmarkt wird in den kommenden Jahren eine große Lücke hinterlassen. Allein in Hessen würden laut einer aktuellen Studie des Instituts für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität Frankfurt am Main bis zum Jahr 2028 mehr als 178.000 Fachkräfte fehlen. Die Situation werde sich vermutlich bis mindestens 2040 weiter zuspitzen, so das Institut. Eine gezielte und erfolgreiche Zuwanderung in Beschäftigung ist daher unausweichlich, soll der Fachund Arbeitskräftemangel nachhaltig abgefedert und unser Wohlstand gesichert werden.

Was muss jetzt politisch passieren?

Die Bundesregierung versucht mit gesetzlichen Regelungen den bestehenden Rechtsrahmen zu verbessern. Aus Sicht der Chemie-Arbeitgeber gehen diese jedoch an vielen Stellen nicht weit genug, um die Erwerbsmigration deutlich zu steigern.

Verwaltungsverfahren…

sind zu kompliziert und langwierig – sowohl für Arbeitgeber als auch potenzielle Fach- und Arbeitskräfte aus Drittstaaten. Verfahren und Prozesse müssen dringend durch Bund und Länder digitalisiert und die verschiedenen Anforderungen und Formulare der am Verfahren beteiligten Behörden vereinfacht und standardisiert werden. Alle beteiligten Behörden im Zuwanderungsverfahren müssen personell, fachlich und finanziell in hohem Maße ertüchtigt und von unnötigen Aufgaben entlastet werden. Hier ist eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern erforderlich.

Die kommunalen Ausländerbehörden

… und deren Arbeits- und Verfahrensweise müssen schnellstmöglich gestärkt werden. Lange Bearbeitungszeiten und schwierige Terminfindung sollten der Vergangenheit angehören, beispielsweise indem der Bund ein kompatibles IT-System für die Ausländerbehörden bereitstellt, mit dem diese intern arbeiten können. Diese IT-Lösung sollte zugleich Schnittstellen zum Ausländerzentralregister ohne Abbrüche ermöglichen.

Mentalitätswandel…

Die Ausländerbehörden und Visastellen müssen jetzt handeln und sich als attraktive Anlauf- und auch Beratungsstellen positionieren. Dazu gehört auch ein neues Mindset als Grundlage für eine echte Willkommenskultur.

Ausländische Studentinnen und Studenten

… bieten zudem ein großes Potenzial für den deutschen Arbeitsmarkt. Von 2006 bis 2021 sind über 600.000 Personen aus Nicht-EU-Staaten zum Studieren nach Deutschland gekommen. In der Praxis gestaltet sich der Übergang in das Berufsleben dann allerdings oft schwierig. So lebten laut aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts fünf Jahre nach Studienabschluss nur noch 48 Prozent und nach zehn Jahren nur noch 38 Prozent der ausländischen Studierenden weiterhin in Deutschland. Einzelne Einreise- oder Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Talente sind noch zu restriktiv und sollten daher flexibilisiert werden. Gerade in der Zuwanderung von jungen Menschen liegen für Deutschland viele Chancen.

Ausblick

Um eine gesteuerte Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften nach Deutschland und Hessen erfolgreich meistern und die demografische Lücke füllen zu können, sind noch erhebliche Anstrengungen auf allen politischen Ebenen erforderlich. Eine echte und gelebte Willkommenskultur beginnt dabei bereits in verständlichen, einfachen und einladenden Verwaltungsstrukturen!

Daniel Schrapp

Daniel Schrapp

Daniel Schrapp ist seit September 2018 Referent für politische Kommunikation und Nachhaltigkeit beim Arbeitgeberverband HessenChemie.  Er studierte im Bachelor Politik- und Geschichtswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München und schloss dort mit dem Master Politikwissenschaft ab.  Schrapp ist Altstipendiat bei der Hanns-Seidel-Stiftung und seit seinem Studium im Vorstand der Bildungseinrichtung CV-Akademie e.V. aktiv.

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