Die Evolution der Arbeit: New Work und seine vielen Facetten

New Work – ein Begriff, zig verschiedene Bedeutungen. Oft mehr Verwirrung als Klarheit, ein Containerbegriff, da jeder so ziemlich alles hineinpacken kann, was er gerade will. Handelt es sich einfach um das, was wir „wirklich, wirklich wollen“ oder nur die Autonomie von Arbeitszeit und -ort? Carsten Schermuly, Professor an der SRH University of Applied Sciences in Berlin, hat hierzu eine klare Ansicht:

Im 13. Jahrhundert haben die Menschen auch zu Hause gearbeitet. New Work muss so viel mehr als Homeoffice sein!

Diese Meinung kommt nicht von ungefähr, schließlich gibt er federführend, in diesem Jahr zum vierten Mal, das New-Work-Barometer heraus, das Orientierung genau in dieser Unübersichtlichkeit bieten möchte, welche Bedeutungen mit dem Begriff verbunden werden, und wie sie sich verändern. Die Methodik des Barometers ist pragmatisch gehalten, damit „sollen die New-Work-Szene, die Wirtschaft, aber auch die Politik eine Orientierung erhalten,
wenn sie sich mit New Work beschäftigen“. In der folgenden Liste von New-Work-Praktiken, die jährlich abgefragt werden, drückt sich daher kein spezifisches Verständnis von New Work aus; sie ist empirisch-induktiv durch Interviews mit Expertinnen und Experten entstanden. Die Liste ist daher weder vollständig noch korrekt, sondern eher das, was auf dem Markt unter New Work praktiziert und mehr oder weniger stark nachgefragt wird.

Schermuly / Meifert - Ergebnisbericht zum New Work-Barometer, 2022; Zustimmungswerte zu verschiedenen New Work-Praktiken

Die Bandbreite von New Work

Einige dieser Themen haben wir bereits im Rahmen unserer Akademie aufgegriffen, z.B. agile Arbeits- und Organisationsformen (Scrum, Agile Leadership), Objectives and Key Results oder Working Out Loud (OKR). Aktuell läuft bei uns im September und Oktober eine Veranstaltungsreihe zum achtsamen Selbstmanagement, im vergangenen Jahr haben wir einen Workshop zur Fehlerkultur angeboten. Ich bin mir sicher, dass diese Methoden, Frameworks, Arbeitsweisen und Haltungen an der einen oder anderen Stelle Eingang in die Arbeit unserer Unternehmen gefunden haben und noch finden werden.

Andere Themen hingegen sind weit weg von unserer Konstitution und der unserer Branche, wie z.B. die Wahl von Führungskräften oder das Experimentierfeld der Entlohnung (‚New Pay‘). Wer aber neugierig ist und den eigenen Status hinterfragen und besser verstehen möchte („Was könnte der Sinn sein, Führungskräfte zu bestimmen statt zu wählen?“), für den könnte auch der eine oder andere Ausflug in diese Themenfelder gewinnbringend sein.

Wie „New Work“ kann eine klassische Industrie werden?

Es dürfte klar sein, dass New Work auch vor einer klassischen Industrie wie der Chemie nicht Halt macht: Das kann weniger Hierarchie und mehr Selbstorganisation bedeuten, eine andere Art, den Kunden in das Denken des Unternehmens einzubeziehen, zu Entscheidungen zu kommen, Feedback und Wertschätzung auszudrücken oder eben neue Ansätze, Arbeitszeit und Arbeitsort zu flexibilisieren. Es wird wahrscheinlich in bestimmte Bereiche einsickern, die einen klaren Mehrwert in Innovation, Mitarbeiterengagement und -beteiligung oder Veränderungs- und Handlungsgeschwindigkeit sehen und dafür entsprechende oder andere Arbeitsformen suchen.

Was nicht funktionieren dürfte, ist New Work als Selbstzweck zu ‚machen‘, nur weil es hip und zeitgemäß klingt oder eine neue Generation auf dem Arbeitsmarkt es (vermeintlich) fordert: Fast alle der genannten New Work-Themen erfordern meiner Einschätzung nach genauso viel ehrliches Engagement und Konsequenz in der Anwendung der Praktiken, dass ein New Work-Anstrich nur eine kurze Halbwertszeit haben dürfte. Auch wenn New Work-Praktiken oft spielerischer oder partizipativer wirken – sie wollen genauso professionell und aufrichtig umgesetzt werden wie Old Work :).

An der Arbeit arbeiten

Aus all dem Gesagten haben wir mit dem von quäntchen + glück aus Darmstadt gestalteten Newworkshop – New Work zum Anfassen im April/Mai diesen Jahres nicht über diese zukunftsweisende und sinnstiftende Arbeit philosophiert, sondern sie aus deren eigener Anwendungserfahrung für die Teilnehmenden erlebbar gemacht – New Work zum Anfassen eben. Dazu bot quäntchen + glück Methoden, Hacks und Formate an, mit denen diese Arbeitswelt von morgen gestalten werden kann. Das New-Work-Quartett gibt einen guten Überblick über einige der Ideen und Formate, die dabei zur Auswahl standen. Gemeinsam haben wir diese weiter eingegrenzt und schließlich mit dem agilen Meeting-Format „Lean Coffee“ die Agenda von den Teilnehmenden selbst bestimmen lassen.

Aus den folgenden Themenblöcken konnte per Abstimmung ausgewählt werden:

1. Arbeiten, wann und wo ich will – 10 Hacks für funktionierende Flexibilität
2. Arbeiten, was ich wirklich will – wie Aufgabenverteilung im Team besser gelingt
3. Montag ist Schontag – die wichtigste Karte im New-Work-Quartett
4. Smells like Teamspirit – Kollegialität abseits der Kumpelfalle

5. New Work Skill I: Feedback und Wertschätzung
6. New Work Skill II: New Work braucht New Learning
7. New Work Skill III: Von Konsens bis Konsent – besser entscheiden im Team
8. New Work Skill IV: Von Meetings und Moderation – Superkraft Facilitation

Der Rest war einfach Arbeit, die man erleben muss!

Zumindest ein paar Schnappschüsse und mein persönliches Fazit habe ich noch mitgebracht, wie bei uns New Work mit Leben gefüllt wurde.


Drei Schritte für mehr New Work


  • Lerne New Work-Praktiken kennen; vertiefe jene, von denen Du Dir einen Mehrwert versprichst

  • Erlebe diese Praktiken, vermittelt von Menschen, die damit Erfahrung gesammelt haben

  • Reflektiere, was Du in welcher Form in Deinen Arbeitsalltag integrieren kannst und willst

Clemens Volkwein

Clemens Volkwein

Clemens Volkwein ist Demografieberater für die hessischen Unternehmen aus Chemie, Pharma und Kunststoffverarbeitung. Hysterie in der Demografie-Debatte hält er für überflüssig, gute Ideen hingegen nicht, wie sich die Alterung und Schrumpfung unserer (berufstätigen) Bevölkerung positiv gestalten lassen.

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