Quo vadis, Chemie-Konjunktur?

Ein wirtschaftliches Resümée des Jahres 2022 für die chemisch-pharmazeutische Industrie in Hessen – und ein erster Ausblick für dieses Jahr

2022: Höhen und Tiefen bei der Konjunktur

Ein starkes Umsatzplus von gut 8 Prozent, und deutliche Steigerungen bei den Preisen für chemisch-pharmazeutische Produkte von fast 16 Prozent: Das war die chemisch-pharmazeutische Industrie in Hessen im Jahr 2022.

Ein spürbarer Rückgang der Produktion von gut 5 Prozent, eine deutliche schwächere Nachfrage nach chemisch-pharmazeutischen Produkten, und eine insgesamt rückläufige Beschäftigung: Auch das war die chemisch-pharmazeutische Industrie in Hessen im Jahr 2022.

Selten wie zuvor klafften im letzten Jahr für die hessische Chemie- und Pharmaindustrie nominales und realwirtschaftliches Ergebnis so derart auseinander, lagen die Höhen und Tiefen bei der Konjunktur so nah beieinander wie 2022. Die Widersprüche in den Ergebnissen scheinen dazu geeignet, den geneigten Beobachter ein wenig ratlos und unsicher in der Beurteilung zurückzulassen. Bei näherer Betrachtung fügen sich wirtschaftlich jedoch alle Teile zu einer zusammenhängenden, insgesamt aber eher durchwachsenen Geschichte für die Chemie- und Pharmabranche in Hessen zusammen.

Dabei beginnt das Jahr 2022 zunächst vielversprechend, mit positiven Kennzahlen bei Produktion, Preisen, Umsätzen und Auftragseingängen.

Doch spätestens mit Ausbruch des Ukraine-Kriegs Ende Februar wird das wirtschaftliche Umfeld unter dem Eindruck von Energiekrise, deutlich steigenden Kosten und massiv zunehmender Unsicherheit erheblich rauer. Die Reaktion der Industrie, die massiven zunehmenden Kostenbelastungen zumindest teilweise über weitere Preissteigerungen abzufedern, mündet zunächst in steigende Umsätze. Doch realwirtschaftlich hat dies seinen Preis. Die Nachfrage nach Chemie- und Pharmaprodukten geht im Jahresverlauf stückweise zurück; infolgedessen schrumpft auch die Produktion stetig, wodurch wiederum die zunächst erzielten Umsatzzuwächse erneut unter Druck geraten.

Die Folge: Vom Umsatzwachstum in Höhe von knapp 19 Prozent am Jahresanfang bleiben letztlich gut 8 Prozent – deutlich weniger als die Hälfte. Die gestiegenen Kosten werden letztlich so nur in sehr begrenztem Maße aufgefangen, und real müssen die Unternehmen teils herbe Rückgänge hinnehmen – auch weil die industriellen Kunden aufgrund der unsicheren Lage mit Neuaufträgen zögern, und stattdessen für ihr Geschäft auf ihre aufgebauten Lagerbestände zurückgreifen.

2023: Schwierige Lage mit unsicherem Ausgang

Gesunkene Lagervolumen könnten sich für das Jahr 2023 jedoch als konjunkturelle Unterstützung erweisen, wenn aufgrund dessen neue Bestände wiederaufgebaut werden müssen. Gleichzeitig besteht die nicht unberechtigte Hoffnung, dass die letztjährigen überaus starken Preisauftriebe, vor allem im Energie- und Rohstoffbereich, in diesem Jahr keine entsprechende Fortsetzung finden.

Wie stark und ob diese Kräfte der Konjunktur Auftrieb geben werden, wird jedoch die Zeit zeigen müssen. Die Lage bleibt schwierig und unsicher. So rechnet der Verband der Chemischen Industrie in seiner Prognose für das Gesamtjahr 2023 bundesweit mit einem Produktionsrückgang von rund 5 Prozent, und einem Rückgang des Branchenumsatzes von gut 7 Prozent.


Weitere Informationen


Regelmäßige Informationen zur wirtschaftlichen Situation enthält das verbandseigene „HessenChemie-Wirtschaftsstenogramm“, das monatlich zur konjunkturellen Entwicklung der Chemie- und Pharmaindustrie berichtet. Es ist im Bereich Beschäftigung und Arbeitsmarkt der Publikationen von HessenChemie jederzeit abrufbar – auch in englischer Sprache.

Ruben Höpfer

Ruben Höpfer ist Diplom-Volkswirt und seit 2011 bei HessenChemie als Referent Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftsstatistik tätig. Zuvor war er Referent eines Industrie- und Arbeitgeberverbandes. Seine Kernkompetenzen liegen im Bereich der Analyse und Bearbeitung wirtschaftlicher, wirtschaftsstatistischer und arbeitsmarktpolitischer Fragen, insbesondere in Bezug auf tarifpolitische Auswirkungen für Unternehmen.

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