Richtig Prompten in der Personalarbeit

Prompting – das Googeln unserer Zeit. Um das Potenzial von ChatGPT für die Personalarbeit auszuloten, hat HessenChemie gemeinsam mit sechs Personen aus unseren Mitgliedsunternehmen im Frühjahr dieses Jahres dazu eine Arbeitsgruppe gegründet. In Kürze stellen wir die Ergebnisse im Rahmen der Gesprächskreise Rhein-Main und Nordhessen vor. Darüber und unser Vorgehen in der Arbeitsgruppe gibt es hier schon einmal einen kleinen Einblick.

Vorträge über ChatGPT zu hören ist gut, aber interessant wird es erst, wenn man es selbst ausprobiert. Frei nach diesem Motto haben wir uns einmal im Monat getroffen, um zu sehen, wie sich das Tool für die eigene Arbeit nutzen lässt. Ich denke, was jedem Mut machen sollte, ist, dass der Einstieg Schritt für Schritt erfolgen kann und keineswegs überwältigend sein muss. Einfach mit einem unkomplizierten Fall oder einer alltäglichen Frage anfangen, um sich von dort aus weiter vorzuarbeiten – das war unsere erste und vielleicht auch wichtigste Erkenntnis.

Außerdem war spürbar, dass das gemeinsame Erstellen von Prompts, also die Formulierung von Fragen und Aufgaben, Berührungsängste abbaut, zu einer schnellen Lernkurve führt und das Potenzial von ChatGPT gemeinsam erlebbar macht. Gleichzeitig steht auf diese Weise eine Peergroup zur Verfügung, die gemeinsam „Halluzinationen“ überprüft, an der Verfeinerung der Prompts arbeitet oder den gleichen Prompt auf verschiedenen Sprachmodellen laufen lässt und dann die Ergebnisse vergleicht (dies ist über die Plattform Poe möglich).

Ein guter Ausgangspunkt

Besonders gut hat für uns als Gruppe funktioniert, zu überlegen, was im Alltag am meisten nervt, was demotiviert, wofür  unverhältnismäßig viel Zeit aufgewendet werden muss, was lästige Routine ist – und ChatGPT darauf anzuwenden. Solche Effizienzthemen eignen sich unserer Meinung nach besonders gut, um schnelle Erfolge zu erzielen und Freude am weiteren Ausprobieren zu erzeugen. Fragen nach Lizenzgebühren, Datenschutz und wo die Server stehen, bremsen diesen anfänglichen Schwung noch schnell genug ein. Aber gerade zu Beginn ist es wichtig, ein Gefühl des Entdeckens zu entwickeln – mit Spaß und Freude, Neues auszuprobieren; dann zerstreuen oder zumindest relativieren sich auch Ängste vor Arbeitsplatzverlusten durch KI ziemlich schnell.

Niemand von uns konkurriert gegen KI. Wir konkurrieren gegen die Menschen, die KI besser nutzen als wir.

Belén Garijo, Merck-CEO

Wer diesen Schritt gegangen ist, kann die ersten Erfahrungen aus Pilotprojekten bündeln und im Unternehmen sichtbar machen. Eine sichtbare Vernetzung sorgt dafür, dass das Thema präsent bleibt und aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet wird: Marketing und Vertrieb werden ChatGPT anders nutzen als HR oder die Forschungsabteilung, was in der Natur eines so flexiblen Sparringspartners liegt. Die Rolle von HR sehe ich hier als Beschleuniger und Moderator, der eine interne Plattform bietet, auf der sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter treffen und austauschen können.

Im Zweifel mit ChatGPT in Dialog treten

Kommen wir zu einigen Strategien, die sich für uns bei der Nutzung bewährt haben:

Es mag banal klingen, aber ich kann mich wunderbar in Themen einarbeiten oder Aufgaben Schritt für Schritt bearbeiten, indem ich in einen strukturierten Dialog mit ChatGPT eintrete. Das heißt nicht, dass ich dem Tool blind vertraue, aber ich kann zumindest einmal offen zuhören, was das Sprachmodell zu sagen hat. Schließlich kann ich immer noch umschreiben, ergänzen, nachfragen oder neu fragen.

So kann ich mich zum Beispiel bei der kommunikativen Einführung von ChatGPT durch ChatGPT unterstützen lassen:

„Ich bin HR Business Partner und habe den Auftrag, bei einer Betriebsversammlung zehn Minuten darüber zu sprechen, welche Bedeutung ChatGPT für unsere künftige Arbeitsweise hat. Es sollen also klar die Chancen herausgestellt werden, die mit einem intelligenten Einsatz von ChatGPT verbunden sind – verwende dazu Beispiele, welche die Arbeitserleichterung verdeutlichen. Gleichzeitig sollen alle Beschäftigten dafür sensibilisiert werden, dass die Nutzung von ChatGPT kein Freifahrtschein dafür ist, jede Form von Daten und Information dort einzustellen. Mache sehr deutlich, welche Informationen aus Sicht des Unternehmens nichts auf ChatGPT verloren haben und liste diese übersichtlich auf. Gib abschließend einen Ausblick auf Schulungsveranstaltungen, die in den einzelnen Bereichen stattfinden werden, um die Potenziale und Risiken von LLMs im Team zu erkennen.“

Regie führen mit Prompts

Natürlich haben wir uns auch mit den Regeln für gute Prompts beschäftigt, wobei mir persönlich eine Idee besonders geholfen hat: Sich beim Schreiben von Prompts in die Lage eines Theater- oder Filmregisseurs vor einer leeren Bühne zu versetzen. So wie der Regisseur die Schauspieler instruiert und ausstattet, die Stimmung der Szene bestimmt und noch ein paar Requisiten herbeischafft – so erzeugt ein guter Prompt ein vergleichbares Setting.

In beiden Fällen geht es darum, eine abstrakte Idee durch klare Anweisungen und kreative Interpretation und Ausschmückung in etwas Greifbares und Ausdrucksstarkes zu übersetzen. Je besser dies gelingt, desto lebendiger werden Szenerie und Ergebnisse sein, die auf den Prompt folgen. Präzision, Eindeutigkeit oder Kontext sind also einige wichtige Zutaten für gut geschriebene Prompts. Um sich diese Zutaten immer vor Augen zu halten, kann man sich ein Cheat Sheet anlegen und den folgenden Prompt dazu verwenden.

„Schreibe mir ein Prompt Engineering Cheat Sheet, welches ich immer dann zurate ziehen kann, wenn ich Schwierigkeiten bei der Formulierung von Prompts habe. Nutze dazu ggf. auch eine Tabelle. Verwende in jeder Zeile bitte zwei passende Beispiele, welche die jeweilige Regel verdeutlichen.“

Ich komme noch einmal auf die Frage zurück, was in der täglichen Arbeit am meisten nervt. Oft sind es Fragen, die man schon tausendmal erklärt hat, die aber immer wieder gestellt werden (interne Urlaubsregelung, einfache Fragen zur Zeitwirtschaft, Onboarding-Themen etc.) Für solche Fragen kann ich mir einen KI-Bot bauen – meinen kleinen persönlichen Assistenten. In der Sprache von Open AI heißen diese Bots Custom GPTs. Custom GPTs ermöglichen es dem Nutzer, das Verhalten und die Fähigkeiten des Modells ohne umfangreiche Programmierkenntnisse an seine spezifischen Bedürfnisse anzupassen. Dabei kann der Nutzer sowohl die Art der Antworten vorgeben als auch steuern, auf welche Daten das Modell zugreifen darf. Wer möchte, findet dazu auf YouTube verschiedene Tutorials.

Bei meinen ersten Versuchen habe ich mich daran orientiert:

Zu Testzwecken habe ich einen Tilly-Bot gebaut, der den Teilnehmenden unserer HessenChemie-Akademie Fragen zum Seminarprogramm beantwortet. Testen Sie selbst und senden Sie mir Ihr Feedback! Tilly von Murnau -Sie möchten ein Seminar besuchen? Stellen Sie Tilly Ihre Frage!

ChatGPT als Basis für ein Ökosystem weiterer KI-Anwendungen

Was uns in der Gruppe erst nach mehreren Sitzungen so richtig klar wurde, ist, dass ChatGPT oder vergleichbare Sprachmodelle das Rohmaterial für viele weitere KI-Anwendungen schaffen: Ein dort erzeugter Mailentwurf mündet schließlich in Outlook oder Social Media Posts, die in ChatGPT erzeugte Gliederung ist die Grundlage für eine Präsentation, die in Gamma fertiggestellt wird. Ein Redetext wird über HeyGen einer realen Person oder einem Avatar in den Mund gelegt, die in Midjourney über Prompts generierten Bilder fließen in Präsentationen oder Marketingaktivitäten ein usw.

Wie stark dieses Ökosystem von KI-Anwendungen gewachsen ist und sich ausdifferenziert, zeigen entsprechende Landkarten (‚Generative AI Landscape‘), die im Internet kursieren und von denen keine der anderen gleicht oder umfangreiche Datenbanken für KI-Tools. Sicherlich wird sich dieser dynamische Markt in den kommenden Jahren bereinigen und konzentrieren, aber die technologische Basis wird bleiben und auch Arbeitsweisen und -prozesse weiter verändern.

Soweit die ersten Erfahrungen unserer Arbeitsgruppe, wer mehr hören und mit uns diskutieren möchte, ist herzlich zu unseren Gesprächskreisen Rhein-Main und Nordhessen eingeladen (nur Mitgliedsunternehmen ;)). Dort zeigen wir auch einige KI-generierte Prototypen von betrieblichen Anwendungsszenarien aus dem Kreis unserer Gruppe. Außerdem haben wir in Wiesbaden Tim Klopsch zu Gast, der auch über die Erfahrungen bei der Einführung von blue.gpt bei der LBBW berichten wird. Mehr zum betrieblichen Testen und Einführen – auch beim Drogeriemarkt dm – hören Sie in den beiden abschließenden Podcast-Tipps!

Clemens Volkwein

Clemens Volkwein

Clemens Volkwein ist Demografieberater für die hessischen Unternehmen aus Chemie, Pharma und Kunststoffverarbeitung. Hysterie in der Demografie-Debatte hält er für überflüssig, gute Ideen hingegen nicht, wie sich die Alterung und Schrumpfung unserer (berufstätigen) Bevölkerung positiv gestalten lassen.

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