Geplante Neuerungen bei der Vergütung von Betriebsräten

Mehr Klarheit nach Volkswagen-Strafurteil?

Seit dem überraschenden strafgerichtlichen Urteil des BGH vom 10. Januar 2023 im Fall Volkswagen herrscht in Unternehmen eine erhebliche Unsicherheit bezüglich der Betriebsratsvergütung. In seinem Urteil bestätigte der BGH, dass der Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB erfüllt sein kann, wenn Betriebsräten unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot überhöhte Vergütungen gewährt werden. Die angeklagten Führungskräfte – Vorstandsmitglieder und Prokuristen – waren für die Bemessung der Betriebsratsvergütungen zuständig. In dieser Funktion gaben sie Gehaltserhöhungen und Bonuszahlungen in erheblicher Höhe für freigestellte Betriebsratsmitglieder frei.

Die BGH-Entscheidung ist nicht zu unterschätzen und hat erhebliche praktische Auswirkungen, insbesondere für Organmitglieder und Führungskräfte, die über die Vergütung von Betriebsräten entscheiden müssen. Zukünftig besteht für sie ein erhöhtes Risiko strafrechtlicher Verfolgung, das nur durch die genaue Beachtung der betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben vermieden werden kann. Die Einhaltung der betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben stellt Unternehmen aufgrund der Unsicherheiten vor Herausforderungen, die in diesem sensiblen Bereich der Arbeitsbeziehungen gut gemanagt werden müssen. Hierbei hilft der gesetzlich neu geschaffene Anreiz für freiwillige Betriebsvereinbarungen – dazu später mehr.

Rechtliche Klarstellung im Fokus der Politik

Als Reaktion auf diese Entwicklungen beauftragte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine dreiköpfige Expertenkommission, bestehend aus Prof. Dr. Rainer Schlegel (Präsident des Bundessozialgerichts), Ingrid Schmidt (Präsidentin a.D. des Bundesarbeitsgerichts) sowie Prof. Dr. Gregor Thüsing (Universität Bonn), mit der Ausarbeitung eines Vorschlags zur gesetzlichen Klarstellung im Umgang mit der Betriebsratsvergütung. Insgesamt enthält der Vorschlag eine Ergänzung des § 37 Abs. 4 BetrVG um drei weitere Sätze sowie des § 78 BetrVG um einen Satz 2. Das Ergebnis dieser Bemühungen wurde im September 2023 veröffentlicht und sieht eine grundlegende Veränderung vor: Die Vergütung von Betriebsräten soll zukünftig in Anlehnung an die Vergütung vergleichbarer Mitarbeiter erfolgen. Der entscheidende Zeitpunkt für die Vergleichbarkeit ist die Aufnahme der Betriebsratstätigkeit. Zusätzlich kann die Vergleichsgruppe im Laufe der Betriebsratstätigkeit angepasst werden.

Umsetzung im politischen Fahrwasser

Im Oktober 2023 hat das Bundeskabinett die geplante Gesetzesänderung zur Betriebsratsvergütung auf den Weg gebracht und dabei die Vorschläge der Expertenkommission nahezu wortidentisch übernommen. Der Gesetzentwurf muss nun noch den Weg durch Bundestag und Bundesrat nehmen, um in Kraft zu treten.

Ausblick und Bewertung

Die geplante Gesetzesänderung zur Betriebsratsvergütung bringt keine revolutionären Neuerungen, sondern setzt auf eine sinnvolle ergänzende Klarstellung. Wir werten die geplanten Gesetzesänderungen zur Betriebsratsvergütung deshalb insgesamt als hilfreich. Die Neuerungen zielen darauf ab, die Betriebsratsvergütung transparenter und rechtssicherer zu gestalten. Insbesondere begrüßen wir folgende Punkte:

  • Erhaltung des Ehrenamtsprinzips: Durch die Gleichstellung mit vergleichbaren Mitarbeitern wird eine transparentere Grundlage geschaffen und weiterhin an das Ehrenamtsprinzip angeknüpft. Es erfolgt keine an den Leistungen als Betriebsrat orientierte Vergütung. Die Debatte über die Angemessenheit der Betriebsratsvergütung wird somit auf eine verlässlichere Basis gestellt.

  • Keine höheren Kosten: Die klare Absage an höhere Kosten durch die geplanten Neuerungen ist eine positive Nachricht. Es werden keine zusätzlichen finanziellen Belastungen für Unternehmen geschaffen.

  • Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung: Die Einbeziehung der bisherigen Rechtsprechung in die neuen Regelungen stellt sicher, dass bewährte Prinzipien und Entscheidungen berücksichtigt werden. 

  • Praxistaugliche Verortung der Festlegung von Vergleichbarkeit und Vergleichspersonen: Die geplante Verortung der Festlegung von Vergleichbarkeit und Vergleichspersonen auf betrieblicher Ebene zeigt ein pragmatisches Verständnis für die betriebliche Realität. Dies erleichtert die Umsetzung in der Praxis und ermöglicht eine individualisierte Anpassung.

  • Festhalten an konkretem Stellenbezug und der betriebsüblichen Vergütung.

  • Anreiz für freiwillige Betriebsvereinbarungen: Die Schaffung von Anreizen für freiwillige Betriebsvereinbarungen durch Transparenz und mehr Rechtsicherheit aufgrund eingeschränkter gerichtlicher Überprüfbarkeit ist ein wegweisender Schritt. Dies fördert eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Betriebsräten, gibt ihnen einen Beurteilungsspielraum und ein Auswahlermessen und schafft damit einen Rahmen für rechtssicherere Lösungen.

Klar ist nach dem Gesetzesvorhaben aber auch: Die Festlegung der Betriebsratsvergütung bleibt weiterhin eine verantwortungsvolle Aufgabe der Betriebsparteien. Es bleibt abzuwarten, wie die betroffenen Unternehmen und Arbeitnehmervertretungen auf diese Änderungen reagieren werden.


Die Autorin


Lisa Wunsch

Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)

Arbeitgeberverband HessenChemie

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